Irma und Dr. Ernst Heppner
Heppner, Ernst
Mediziner, geb. 4.9.1891 Koschmin (Posen), gest. 16.12.1973 Jerusalem
H. ließ sich nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Medizinstudium in Hamburg nieder. 1929 richtete er eine Arztpraxis in Wandsbek ein, wo er am 1.April 1933 Opfer des Boykotts wurde, den er – als Zeichen des Widerstands – fotografisch dokumentierte.
Auf dem Plakat, aufgestellt auf dem Grundstück des Wohnhauses der Familie in der Bovestr. 44 (heutige Adresse) war zu lesen: "Jüdischen Ärzten überlasset nicht deutsche Gesundheit".
Im Juni 1933 verlor H. als „Nichtarier“ die Kassenzulassung und seine berufliche Existenz. Im September 1934 musste H. gemeinsam mit seiner Frau und den drei Kindern Hamburg verlassen, emigrierte nach Palästina und eröffnete in Jerusalem eine bescheidene Praxis. Da die Einnahmen nicht zum Lebensunterhalt ausreichten, verdingte er sich zeitweilig als Schiffsarzt und arbeitete in verschiedenen Krankenhäusern. 1939 reiste er nach Belgien, um Verwandte mit falschen Papieren aus Deutschland herauszuholen sowie um Gelder für den Aufbau des jüdischen Staates aufzutreiben. Arretiert und nach Palästina abgeschoben, folgten schwierige Jahre ohne ausreichendes Einkommen. Nach Kriegsende erfuhr H,, dass sein Vater und seine Schwestern Opfer des Holocaust geworden waren. Depressionen und ein altes Herzleiden beeinträchtigten seine Arbeitsfähigkeit zunehmend. 1955 kehrte H. nach Hamburg zurück, um sich behandeln zu lassen. Etwa zeitgleich begann sein Kampf um eine Entschädigung für die erlittenen materiellen und beruflichen Schäden – und für seine Altersrente von der kassenärztlichen Vereinigung. H. musste sich erneut in Hamburg als Arzt niederlassen – im Alter von 65 Jahren, begleitet von seiner Frau. 1961 kehrte das Ehepaar endgültig nach Jerusalem zurück.
1987 habe ich Menachem und Jacob, die Söhne Dr. Heppners dort besucht. Sie überließen mir Dokumente und Familienfotos, darunter auch das Foto vom Boykott. Es ist das einzige, das den Boykott auf Hamburger Gebiet dokumentiert.
1988 besuchte Menachem Heppner Hamburg und kam auch nach Wandsbek, wo er einen Vortrag hielt. Seinerzeit war er an der Schule Bovestraße eingeschult worden, wo er auch am Religionsunterricht teilnahm. Seine altes Zeugnisheft befand sich noch immer in seinem Besitz.
Astrid Louven
veröffentlicht in: Das Jüdische Hamburg, Ein historisches Nachschlagewerk, Hrsg. vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Göttingen 2006, von mir ergänzt.